Das Dschungelcamp
Kaum eine TV-Sendung polarisiert die Gesellschaft so sehr, wie
das derzeit auf RTL laufende Dschungelcamp. Jedes Jahr kämpfen insolvente und
meist gescheiterte Z-Promis jenseits des 22 Uhr Sendeplatzes um die Krone im australischen
Dschungel, verspeisen Känguruhoden oder Buschschweinanus, trinken Emublut und lassen
sich tonnenweise Kakerlaken über das Haupt kippen. Und um es vorwegzunehmen: Ja, ich schaue das Dschungelcamp. Und ja, ich
gebe es auch noch zu.
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Bildquelle: RTL.de |
Herzhaft Lachen
Für mich ist das Gelaber zwischendurch oftmals auch sehr nervig. Was mich
interessiert sind vor allem die Dschungelprüfungen. Wer schauspielert sich an seine
persönlichen Grenzen, wer hat einfach keinen Bock und möchte lediglich die Gage
und den vermeintlichen Ruhm einsacken, wer ekelt sich vor was fast bis zum Wein-
und Schreikrampf und wer wächst über sich hinaus und meistert die Herausforderungen? Ich erwische mich
des Öfteren lauthals und herzhaft lachend auf der heimischen Couch. Dass ich dabei zudem auch noch
meist allein bin, lässt den Unterhaltungswert dabei sogar noch exponentiell steigen. Wer allein lauthals lacht, der lacht nicht für andere. Der lacht vor allem für sich selbst. Und das
passiert mir komischerweise bei sonst keiner anderen Sendung.
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Bildquelle: RTL.de |
Ewig grüßt das Sozialverhalten
Natürlich kann man da jetzt analytisch rangehen. Ich schaue es deswegen
so gern, weil ich Menschen in ihrer unnatürlichen Umgebung sehe, denen es
meist schlechter geht, als mir selbst. Downward comparison nennt man das im
Fachjargon. Vielleicht ist das ja auch so. Vielleicht ist es für mich aber auch
nur eine simple Unterhaltungs-sendung, wie z.B. „Wetten, daß?“ oder „mieten, kaufen,
wohnen“, die dazu auch noch botanisch mehr zu bieten hat, als „der Bachelor“
mit seinem Rose verkaufenden Pseudo-Akademiker. Für mich ist es schön, sich
abends auch einfach mal sinnfrei berieseln zu lassen und sich vom stressigen
Arbeitsalltag abzulenken. Und günstiger als ein Burnout-Psychotherapeut
ist es nebenbei auch noch.
Alles Fake
Natürlich ist mir klar, dass auch in dieser Sendung alles gestellt sein muss. Dialoge
sind grob vorformuliert, vermeintliche Diskrepanzen zwischen den
Möchtergernstars vorher vermutlich abgesprochen. Das ist eben TV. Da wird nichts dem
Zufall überlassen. Das ist bei der Vorberichterstattung der Fußball-Nationalmannschaft
im Ersten genauso wie bei der seriös recherchierten Kultursendung auf Arte. "Dinner for one" schauen auch Millionen von Menschen an Silvester, was inhaltlich genau so viel zu bieten haben dürfte, wie "Let's Dance". Da sagt aber keiner was. Mittlerweile werden sogar Tennisspiele geschoben und man schaut sie trotzdem. Warum also nicht auch das Dschungelcamp?
NIEMALS Dschungelcamp
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Bildquelle: RTL.de |
Was mich aber wirklich nervt sind die Leute, die komischerweise immer über
alles Bescheid wissen, die Sendung aber NIEMALS schauen würden und ihr Wissen
mit dem Hinweis „habe ich in der Zeitung XY drüber gelesen“ argumentieren. Ist
es etwa was anderes einen Bild- oder anderen Zeitungsartikel über das
Dschungelcamp zu lesen, als es gleich selbst zu schauen? Ich wage das zu bezweifeln. Belustigend
dagegen finde ich diejenigen, die zwar felsenfest behaupten, das Dschungelcamp
NIEMALS zu sehen, sich gleichzeitig aber beim Mittagsplausch in der Unternehmens-Kantine
regelrecht auf die Lippe beißen müssen, um sich nicht zu verraten.
Ich bin ein Mensch, bin ich tolerant?
Leute, Leute, macht es Euch doch nicht so schwer. Wenn ihr Euch
das Dschungeldesaster anschauen möchtet – tut das doch einfach. Aber steht doch
bitte dazu. Letztens hat beim Rauswahl-Voting sogar ein waschechter Professor den 5.000 Euro Gewinn
in der Sendung abgesahnt. Das heißt, er muss sogar für eines der Sternchen dort
angerufen haben. Vielleicht war das aber auch Daniel Ortega (musste den Nachnamen gerade erst mal googeln, um ihn nicht falsch zu schreiben, den kennt ja keiner), der sich für etwas besseres hält. So what? Und wenn ihr es nicht schauen wollt und Euch lieber
einen Drogen vertickenden Chemielehrer reinziehen wollt, dann lasst es einfach
sein. Ich bin da durchaus tolerant. Aber seid ihr es doch bitte auch.
Übrigens kann ich das Staffelfinale kaum erwarten. Denn dann komme ich abends nämlich endlich wieder früher ins Bett. In diesem Sinne schreie ich es jetzt einfach heraus: Ich bin kein Star, holt mich trotzdem hier raus!
Life is
good. True story.
Euer Dominik
Euer Dominik